4. Mai 2017

Fotos und Bericht zum roten 1. Mai in Berlin-Neukölln

Bis zu 250 Menschen beteiligten sich an der diesjährigen roten 1. Mai Demonstration in Berlin. Wir haben damit unser Versprechen gehalten, auch im zweiten Jahr ihrer Wiederaufnahme eine Demonstration durchzuführen, die im Geiste der historischen, revolutionären 13-Uhr-Demonstration eine angemessene und echte, eine proletarische Alternative zu dem von allen Seiten kritisierten Touristen- und Yuppiekarneval in Kreuzberg darstellt.

Wir begannen die Demonstration mit einer längeren Kundgebung auf dem Karl-Marx-Platz. Dort fanden sich über einen Zeitraum von über einer Stunde bis zu 300 Menschen ein – auch viele Interessierte aus dem Viertel – die den verlesenen Rede- und Musikbeiträgen lauschten. Die Kundgebung wurde eingeleitet mit dem von uns zur Mobilisierung verteilten Massenflugblatt, das noch einmal verlesen wurde. Es folgten noch eine weitere Rede vom Jugendwiderstand, eine von den Genossen der ADHK und eine von einem Vertreter des Bündnisses, welches die Nakba-Tag-Demonstration am 15. Mai in Neukölln organisiert. Danach gab es eine Tanzaufführung der palästinensischen Dabke-Gruppe Al-Awda und kurze Musikbeiträge der Rapper GuevaraH, Taktikka und Detweiler. Wir müssen uns an dieser Stelle für die mangelhafte Technik und auch die unter anderem damit einhergehende zeitliche Verschiebung des Demostarts selbst kritisieren – im nächsten Jahr werden wir das anders handhaben.

Schließlich formierte sich gegen 14:20 der Demonstrationszug und zog über den Richardplatz in Richtung S-Bahnhof Sonnenallee, durch die Braunschweiger Straße zum Bahnhof Neukölln und über die Karl-Marx-Straße und die Sonnenallee schließlich zum Hermannplatz. Unser Frontblock trat einheitlich in dunklen Jacken und mit Basecaps, die mit unserem Symbol – Hammer und Sichel – versehen waren, auf, unter einem Fronttransparent mit der Aufschrift „Tod dem Imperialismus! – Alle Macht dem Proletariat!“ und unter einem Hochtransparent mit der Losung „Wehrt euch und kämpft gegen Ausbeutung, Unterdrückung und imperialistischen Krieg“. Wir skandierten Parolen wie „Die Straße frei der roten Jugend!“, „Nicht Flüchtlinge sind das Problem, sondern dieses Scheißsystem“, „Viva, Viva Palästina!“, „Dersim, Kabul, Gaza-Stadt – macht die Scheißbesatzer platt!“, „Hoch die internationale Solidarität – Solidarität heißt Widerstand – Kampf dem Faschismus in jedem Land!“, „Die BRD ist nicht unser Staat - alle Macht dem Proletariat!„Nur der Griff der Massen zum Gewehr schafft den Sozialismus her“, „Viva Marx! Viva Lenin! Viva Mao Tse-Tung!“, „Jugend, Zukunft, Sozialismus!“, „Hipster, Bonzen, Yuppiepack – verpisst euch! Das ist unsere Stadt!“, „Alles für Volk, Klasse und Partei!“ und denunzierten in Sprechchören sämtliche bürgerlichen Parteien als Volksfeinde und riefen vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl zum Wahlboykott auf.

Am Herrmannplatz angekommen, hielten wir noch eine kurze Abschlusskundgebung ab, es wurden zwei weitere Redebeiträge verlesen, einer davon vom Rapper GuevaraH mit Fokus auf den proletarischen Internationalismus und die palästinensische Frage, der andere ein ideologisch sehr klarer und scharfer Beitrag, der die Aufgaben der Maoisten in Deutschland benannte. Es folgte noch ein Rap-Auftritt von DSDNG. Abschließend sangen wir gemeinsam die Hymne unserer Klasse, die Internationale, und beendeten damit unsere Aktion im proletarischen Geist und würdevoll.

Auch wenn an der eigentlichen Demonstration mit knapp über 200 Menschen etwas weniger teilnahmen als im Vorjahr, schätzen wir diesen Tag als einen politischen, ideologischen und organisatorischen Erfolg ein. Auf der Startkundgebung waren neben organisierter, revolutionärer Jugend, vor allem arabische Jugendliche aus dem Viertel anwesend, viele Teilnehmer brachten ihre Freunde und Kollegen mit. Die Isolationspolitik, die Teile der sogenannten linken Szene – ganz im Sinne der Herrschenden – gegen uns zu fahren versuchen, scheitern regelmäßig vor allem an dem korrekten Prinzip unserer Ideologie, hauptsächlich auf die eigenen Kräfte zu bauen und zu vertrauen und an dem Standbein im Volk, was wir mittlerweile lokal haben. Es ist schön zu merken, wie vor allem in Neukölln jeder unsere Propaganda kennt. Es war sehr gut, so viel Zuspruch von den Leuten für Aktionen im Vorfeld, die Demonstration, oder das Kulturprogramm zu bekommen. So auch auf der Demonstration selbst: Immer wieder schlossen sich ihr auch unterwegs Anwohner an. Das was die Demonstration an verschiedenen linken Teilnehmern im Gegensatz zum Vorjahr verlor, glich sie durch die Teilnahme verschiedener, vor allem palästinensischer und arabischer Jugendlicher und unserem eigenen organisierten Zuwachs wieder aus, sodass es nicht spürbar weniger Teilnehmer waren – und das eben sogar trotz einiger in diesem Jahr parallel oder zeitnah stattfindender Veranstaltungen, wie den beiden 16-Uhr-Demonstrationen oder der HipHop-Bühne auf dem Myfest.

Die Bullen empfingen uns am Karl-Marx-Platz mit einem wesentlich massiveren Aufgebot als im Vorjahr, was sowohl der allgemeinen Entwicklung unserer Arbeit als auch der medialen und politischen Hetze der bürgerlichen Presse und Parteien geschuldet war. Sie kündigten im Vorfeld an, bei bestimmten Parolen, vor allem gegen den zionistischen Kolonialstaat Israel und die imperialistische Supermacht USA, den Hauptfeind der Völker der Welt, die Demonstration auseinander zu nehmen. Es gab im Vorfeld Taschenkontrollen und bayrisches USK begleitete die Demonstration. Auch Staatsschutz war zuhauf vertreten. Am Rande tummelten sich gerade anfangs antideutsche Reaktionäre und meinten, unsere Veranstaltung beobachten und ausspionieren zu müssen. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Hetze haben wir eine Lehre aus dem letzten Jahr gezogen und unsere Verantwortung für die Teilnehmer unserer Aktion umfassender angenommen, indem wir dieses Mal gegen denunziatorische Outingfotos unserer Demonstranten vorgingen, was eine deutliche Entwicklung zum Vorjahr darstellt. Wir üben Selbstkritik, dass es trotzdem in diesem Jahr noch nicht zu einhundert Prozent umgesetzt werden konnte, aber auch dafür, dass zwischenzeitlich versehentlich wohlwollende oder neutrale Fotografen und Presse in den Fokus gerieten.

Die am Rande herumlungernden Reaktionäre realisierten recht schnell, dass jede Störung ihrerseits Konsequenzen nach sich ziehen würde und waren dementsprechend so kooperativ, dass sie sogar der Aufforderung eines Genossen, auf den Boden zu gucken, ohne Probleme Folge leisteten. Dies bestätigte wieder aufs Neue den Fakt, dass manche Menschen im Internet, im Schutze der Anonymität, etwas darzustellen versuchen, was sie gerne wären, während sie im echten Leben nur erbärmliche und feige Gestalten sind, die ohne ihre Polizei und ihren bürgerlichen Staat keiner Fliege etwas zu Leide tun könnten.

Unsere Linie, fortschrittliche Kultur aus anderen Ländern – wie die Dabke-Tanzgruppe – mit revolutionärem Rap zu verbinden, hat sich ein weiteres Mal als korrekt herausgestellt. Die Kultur des Volkes kann nicht nur ein wunderbarer und schöner Ausdruck der Kollektivität, sondern auch eine Waffe im Dienst der Revolution sein, weil sie die Unterdrückten verbindet und zusammenführt. Weil sie Gefühle, wie den Hass auf das System und den Zusammenhalt dagegen ausdrückt.

Die Demonstration selbst war leidenschaftlich und kämpferisch. Es verging keine Minute, in der nicht aus voller Kehle unsere Parolen skandiert wurden. Durch ein Megafon wurde den Anwohnern im Viertel zugerufen, weswegen die Demonstration auf der Straße ist, dass es die Jugend des Viertels ist, welche dort für die Interessen des Volkes kämpft. Das bringt vor allem den starken Willen zum Ausdruck, sich mit den Neuköllnerinnen und Neuköllnern aufs Engste zu verbinden, nicht nur, aber vor allem an diesem Tag. Vor allem die scharfen Parolen, die dabei skandiert wurden, haben allen Opportunisten bewiesen, dass es keinen unlösbaren Widerspruch zwischen ideologischer Schärfe und „Massentauglichkeit“ einer Demonstration gibt. Wir waren alles andere als ein Fremdkörper, der sich durch die Straßen Neuköllns schob. Die Neuköllner Jugend lief auf unserer Demonstration oder grüßte uns von den Bürgersteigen und aus den Fenstern. Und dennoch haben wir Parolen für den konsequenten Kampf und die bewaffnete Machtergreifung der Arbeiterklasse gerufen und nicht sozialreformistische, abstrakte oder inhaltsleere, pseudo-humoristisch oder selbstironisch verpackte Quatschsprüche, oder ausschließlich Parolen die sich als kleinster gemeinsamer Nenner gegen den „Rechtsruck“ (gemeint ist unserem Verständnis nach ja eigentlich die Tendenz der Faschisierung die dem Imperialismus innewohnt) positionieren.

Wir traten dabei auf, wie es sich für die organisierte proletarische Jugend gehört, zumindest im Rahmen des derzeit Möglichen. Es war das erste Mal, dass wir einheitlich dunkel gekleidet und mit Kappen mit Hammer und Sichel auftraten. Damit erzeugten wir einen starken kollektiven und disziplinierten Ausdruck, der sich auch nach Innen auf die Haltung der Demonstranten auswirkte und für die kommende Entwicklung der Arbeit und der Kämpfe, die bevorstehen, zukunftsweisend ist.

Direkt hinter unserem Block liefen Jugendliche aus dem Kiez, viele Palästinenser und andere Araber, unsere Genossen von ADHK, Punks, Linke und fortschrittliche Migranten. Sie ergänzten den einheitlich revolutionären Charakter der Demonstration mit eigenen Fahnen und Parolen. Besonders auf der Sonnenallee bekam die Demonstration noch einmal regen Zuwachs. Auch arabische Gesänge und Trommeln waren ein Teil des hörbaren Ausdrucks.

Unsere Aktivisten, Unterstützer, Freunde und Massen arbeiteten den gesamten April jeden Tag auf die Demonstration hin und realisierten gute Aktionen. Insgesamt 10 000 JW-Flugblätter die in Briefkastensteck- und Flyerverteilaktionen ans Volk gebracht wurden, mehrere aufgehangene Transparente, die Flaggen aus den Fußballkäfigen über die BZ und BILD berichteten, Tausende Aufkleber und Plakate, Streicher, Tags und Graffitis, die uns zugesandt wurden, Wandbilder, Tapeten und und und. Wieder einmal gelang es uns, neue Leute zu gewinnen, in die Mobilisierung und die organisierte Arbeit einzubinden, und damit die Arbeit zum 1. Mai zu einem internen Sprung zu nutzen. Dieses Mal gelang es uns noch besser, uns in der Mobilisierungsphase mit den Jungs und Mädels aus dem Viertel zu verbinden. Die Mobilisierung gab Einiges an guten Gesprächen her und lief insgesamt wesentlich routinierter ab, als im Vorjahr.

Wichtig zu erwähnen sind auch die positiven Erfahrungen, welche wir dadurch erlangt haben, dass wir die regionale Isoliertheit der Mobilisierung aufgebrochen haben, Flugblattaktionen fanden nicht nur in Neukölln oder im Wedding statt, sondern beispielsweise auch in den Ost-Bezirken Lichtenberg und Marzahn. Wir haben auch dort den Unmut der Massen über das herrschende System gespürt, viel Zuspruch für unsere Arbeit erfahren, viel Klassensolidarität erlebt – viel an das wir anknüpfen können und werden.

Insgesamt kann man sagen, dass unsere ideologische Schärfe, die Kompromisslosigkeit und die Disziplin den Tag und auch die Mobilisierung zu einem Erfolg gemacht haben. Wir werden diesen Weg weitermarschieren – und laden alle, die es ehrlich meinen, ein, dies mit uns gemeinsam zu tun!

Es lebe der internationale Kampftag der Arbeiterklasse!
Es lebe der 1. Mai!
Organisiert den Hass der Jugend und der Massen!
Voran zur Revolution! 

Jugendwiderstand